Edwin Kratschmer: Poetologie des Jugendgedichts. 

Ein Beitrag zur Poetogenese.
Peter Lang Verlag Europäischer Verlag der Wissenschaften Frankfurt, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien, 1996, 192 Seiten. ISBN 3-631-49981-7

Jeder siebente Jugendliche schreibt irgendwann ein Gedicht und fühlt sich dann als Dichter. Das macht ein Heer von jungen Poeten! Doch voller Unruhe fragt mancher nach: Bin ich ein Dichter? Denn er ahnt wohl, dass es keine Heerstraße zur Dichtung gibt.
Jugendgedichte sind als Subjektprojektionen Dokumente aus dem Jugendalter, das sich als Reifung in einer black box mit dem input-Wert Kindheit und dem output-Wert Erwachsensein darstellt.
Auf der Grundlage von ausgewählten Beispielen aus hunderttausend Gedichten von Kindern und Jugendlichen wird in diesem Buch der Versuch unternommen, eine Poetogenese von den Anfängen des Schreibens bis zur eventuellen Ankunft in der Dichtung nachzuvollziehen. Es werden sowohl entwicklungspsychologische als auch lyrikästhetische Parameter erkundet, um die black box poetischer Entwicklung aufzuhellen. Dabei wird nach einer Kriterienhierarchie für künstlerische, literarische und poetische Begabung gefahndet. Denn poetisches Talent offenbart sich u. a. in ontogenetischer Stufung durch bestimmte Kreativitätskriterien. Sie sind an den Jugendtexten versierter Dichter ebenso abzulesen wie an allen anderen poetischen Versuchen Heranwachsender.